Wenn Sie geblitzt worden sind und einen Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid erhalten haben, ist es häufig sinnvoll, diesen von einem Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.
Dies ist insbesondere zu empfehlen, wenn es sich um eine höhere Geldbuße, ein Fahrverbot oder Punkte handelt. Hier kann es oft sinnvoll sein, sich im Ordnungswidrigkeitenverfahren anwaltlich verteidigen zu lassen.
Wann lohnt es sich, Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einzulegen?
In vielen Fällen lohnt es sich, Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einzulegen, um eine Einstellung des Verfahrens oder einen Freispruch zu erwirken.
Wenn ein Fahrverbot droht, und man aus beruflichen Gründen dringend auf sein Fahrzeug angewiesen ist oder eine erhebliche Geldbuße und Punkte in Flensburg drohen, sollte man nichts unversucht lassen.
Neben z.B. Fehlern bei der Messung der Geschwindigkeit, die zu ungenauen Messergebnissen und damit zur Verfahrenseinstellung führen können, gibt es eine interessante, recht neue Grundsatzentscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 06. November 2019 (Az. 2 Ss-OWi 942/19) festgestellt, dass die Verkehrsüberwachung nicht auf private Unternehmen übertragen werden darf. Die Konsequenz dieses Beschlusses ist, dass keine Bußgeldbescheide erlassen werden dürfen, wenn die Verkehrsüberwachung unzulässigerweise auf private Unternehmen übertragen wurde.
Es ist eine immer noch gängige Praxis: Zahlreiche Kommunen haben Teile der Verkehrsüberwachung an private Unternehmen übertragen. Wenn Sie an einer Stelle geblitzt worden sind, an der private Dienstleistungsunternehmen mit dem Messverfahren oder der Auswertung der Messergebnisse beauftragt worden sind, sind die Chancen groß, dass Ihr Bußgeldbescheid aufgehoben werden kann.
Woher weiß ich, dass ein privater Dienstleister die Messung vorgenommen hat?
Von außen ist dies leider nicht erkennbar. Die entsprechenden Blitzer sehen nicht anders aus als die von der Kommune betriebenen Einrichtungen. Nur mittels Akteneinsicht durch einen Rechtsanwalt und einer darauf folgenden detaillierten Einzelfallprüfung kann ein Anwalt oder eine Anwältin herausfinden, ob ein privates Unternehmen in Teile des Messverfahrens oder die Auswertung der Messdaten involviert gewesen ist.
Welcher Fall lag der Entscheidung des Gerichts zugrunde?
Folgender Fall der Entscheidung des OLG Frankfurt zugrunde: Ein in Hessen geblitzter PKW-Fahrer hatte bei der zuständigen Behörde Einspruch gegen die Geschwindigkeitsmessung eingelegt.
Die hessische Kommune hatte die Messung jedoch nicht durch einen Beamten durchgeführt, sondern bediente sich im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung eines privaten Unternehmens. Ein Angestellter jenes Unternehmens hatte die Messung durchgeführt. Zweck des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages war die Unterstützung der Kommune bei der Durchführung von Geschwindigkeitsprotokollen, die allgemeine Datenverarbeitung und die Erstellung von Messberichten. Teile der Verkehrsüberwachung wurden mithin an das private Unternehmen ausgelagert. Bereits in der ersten Instanz erachtete das Amtsgericht das Vorgehen der hessischen Kommune als unzulässig und das Verfahren endete für den betroffenen Fahrer mit einem Freispruch.
Das OLG Frankfurt begründet seine Entscheidung damit, dass es keine Rechtsgrundlage für die Übertragung der Verkehrsüberwachung an private Unternehmen gebe.
Art. 33 Abs.4 GG besagt, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
Nach dem Wortlaut der Norm ist es daher gerade nicht erlaubt, private Unternehmen an hoheitlichen Maßnahmen, wozu die Geschwindigkeitsmessung und die Auswertung der Messdaten gehören, zu beteiligen.
Nichtsdestotrotz wird diese Praxis weiterhin in einigen Kommunen fortgesetzt.
Ob ihrem Bußgeldbescheid eine Messung durch private Unternehmen zugrunde lag, ob es Messfehler gab, oder ob von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, kann Ihr Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin für Sie überprüfen. Es ist wichtig, dass Sie möglichst zeitnah handeln, nachdem Sie einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid erhalten haben – Sie haben nur zwei Wochen Zeit, um Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen.
Selbstverständlich bildet dieser Beitrag nur eine Kurzübersicht zu einer komplexen rechtlichen Thematik und ersetzt kein anwaltliches Beratungsgespräch. Jeder Fall muss hier individuell geprüft werden. Wenn Sie geblitzt worden sind, vereinbaren Sie zeitnah ein anwaltliches Beratungsgespräch.
Rechtsanwältin Pfeffer beantragt für Sie Akteneinsicht, prüft ihren Fall und erläutert Ihnen das zielführendste Vorgehen.